Überall mal gewesen

Nach einem langen Tag, schon auf dem Weg nach Hause, stelle ich mein Fahrrad bei dem Second-Hand-Laden ab und mache mich auf die Suche nach einem hebräischen Kinderbuch und dem ersehnten Stabmixer. Die Frauen im Laden sind super nett und bringen mir ein paar neue Wörter bei, unter anderem die Übersetzung für „gastfreundlich“. Nur ein paar Minuten später verlasse ich den laden und muss feststellen, dass mein Fahrrad weg ist. Ich hatte es aufgerundet vielleicht 1 Stunde lang besessen, wovon ich es eine halbe Stunde lang mit platten Reifen auf der Suche nach einer Tankstelle geschoben und kurz als Leiter genutzt habe um eine Zitrone zu pflücken.
Der Traum, die
ernorm chaotischen und energieraubenden öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden ist für’s erste also geplatzt. Anstatt meinen Weg in Richtung Zuhause fortzuführen, folge ich dem Rat der anderen Kunden im Laden und mache mich auf den Weg zur Polizei. Es gibt eine sogenannte Kamera-Pflicht für Läden/öffentliche Geböude, also besteht die Möglichkeit, das Fahrrad zurück zu bekommen. Mit einem mulmigen Gefühl und schlechtem Gewissen über den Verlust mache ich mich auf den Weg zu den „Hütern der Stadt“. Ich war davor noch nie bei der Polizei und hatte es auch in sowohl naher als auch ferner Zukunft nicht vor. Skeptisch mache ich mich auf den Weg.

Es ist dunkel als ich bei dem eisernen Tor ankomme. Ein paar Meter weiter sehe ich im Gebäude einen Polizisten genüsslich auf seinem Platz sitzen.
Nach ein paar Versuchen, macht es ein lautes Geräusch und das Tor geht auf. Ich glaube,
sie haben mich gesehen.
Ich gehe zum Empfang und werde als erstes nach meinem Pass gefragt. Natürlich hab ich den nicht dabei. Also doch zurück nach Hause um dann eine Stunde später vollig übermüdet zurück zu kommen.
Ein Beamter führt mich in einem abgelegenen Raum und wir setzen uns an einen mit Kaffe beflecktem Tisch. Der Beamte ist auffällig entspannt. Er redet mit mir über belangloses Zeug während er das viel zu lange, irrelevante Formular ausfüllt, das mir wenig Hoffnung macht. Aber seine Lässe-faire Laune steckt mich an. Ich frage ihn, ob einer der Beamten mich nach Hause fahren könne, da ich so müde sei. Er meint, er würde sich drum bemühen. Wir gehen zurück zum Empfang und während ich darauf warte, dass sich einer von ihnen bereit erklärt mich mitzunehmen, erzähle ich von meiner angeblichen ar

gentinischen Herrkunft und lächele über die spanischen Lieder, die der Beamte aus den bekannten Soupshows anzustimmt. Dann gibt es das Startsignal und ich lasse mich auf der Rückbank eds Polizeiwagens nach Hause fahren. Wie alle anderen auch, sind die beiden Polizisten völlig baff von meinem Hebräisch. Sie erzählen von ihren Deutschkenntnissen und von den Diebstälen, die ihren Alltag gestalten. Als sie mich endlich zuhause rauslassen, falle ich hundemüde ins Bett. Im Halbschlaf frage ich mich, welche Erfahrungen andere mit ihnen wohl machen. Andere, die keine jungen, weiblichen, blonden Touristin_innen sind…