Hat wer Recht?

Gleich nach meiner Ankunft bei der Universität lädt mich der Zuständige für die Computersysteme des Departments ein, in seinem Cart über das Gelände zu fahren. Er macht mir einen etwas nerdigen Eindruck, doch irgendwie plappert er freudig los und erzählt mir von Gott und der Welt. Bis wir irgendwo steckenblieben, das Cart hochheben, rausziehen aus seiner Beklemmung und lachend weitertuckern. Während wir so durch das Gelände fahren erklärt er mir geduldig hebräische Vokabeln (be’aya gdola – großes Problem, magen david – Davids Stern). Als ich zu einem Brunnen renne um mich abzukühlen, meint er, er hätte in all den Jahren, die er hier nun schon sei, noch nie erlebt, dass das jemand macht. Für mich war es das einzig Mögliche bei dieser Hitze. Was machen die Leute denn sonst? Sich davorstellen und dem Wasser beim plätschern zuschauen, während ihnen die Schweißtropfen vond er Stirn kullern?

Die Universität ist hoch eingezäunt, mit Stacheldrahtzaun beschmückt, und hat mehrere Eingänge, an denen der Pass einer Security vorgezeiegt werden muss. Nadav deutet auf den früheren Sicherheitsturm, der jetzt nicht mehr begehbar ist, weil ein Attettat darin vorgefallen ist. Wie schon öfter legt sich für einen kurzen Moment ein leichter Schatten auf die Dinge in diesem sonnigen und herzlichen Land. Und immer wieder frage ich nach und zeige mein Unverständnis für das, was ich höre und sehe. Denn manches ist meiner Realität einfach zu fern. Wie zum Beispiel die Sache mit dem Militär. Hier wird jede(r) Israeli, der/die kein(e) AraberIn oder extrem Gläubige(r) ist, nach der Schule für 2-3 Jahre rekrutiert. Und das wird als das Normalste angesehen überhaupt. Es bedeutet nicht, dass die Leute es alle toll finden, aber es gehört eben dazu. Mensch muss sich halt verteidigen…

Auf der Heimfahrt komme ich mit meinem Sitznachbarn ins Gespräch , der mir von seiner Militärslaufbahn erzählt und von dem schwierigsten Moment als Soldat, wo sich ein Attentäter eine Frau als Schutzschild genommen hat. Er meinte nur immer wieder: „Was würdest du machen?“
Mir stellen sich andere Fragen. Was spielt es für eine Rolle, ob eine Frau oder ein Mann als Schutzschild benutzt wird. Es ist immer einfach nur grausam. Doch meine Reflektion zeigt auch, in wie verschiedenen Welten wir leben und welche Themen uns beschäftigen.
Ich frage ihn, wie lange er meint, dass der Konflikt noch so weiter geht. „Bis die Palestinenser reifen und erwachsen werden und sie sich um eine strukturelle korruptfreie Organisation der Leute kümmern.“ Mein Einwand, dass es doch sicher von beiden Seiten etwas geben muss, das sich verändert, wurde durch Vorwürfe an die politische Herangehensweise der Araber klar abgelehnt.