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Maher ist wieder mal bei uns zu Besuch und bringt zwei frische Mangos mit. Ein Freund hat sie ihm mitgegeben. Er kennt die Arbeiter, die jeden Tag nach Ramot fahren und dort beim Mangos pflücken helfen. Ramot ist der Ort, zu dem ich in zwei Tagen zum Mangos pflücken fahre. Also gibt es zum Frühstück schon mal eine kleine Einstimmung auf das, was bald kommt.

Ich bekomme ein flaues Gefühl im Bauch. Ich werde diesen Ort hier sehr vermissen. Ich habe mich entschieden, weiter zu gehen, weil ich das Gefühl hatte, es wäre Zeit. Als hätte ich hier mitgenommen, was es zu lernen gab und als bräuchte ich einen neuen Ort um weiterzukommen. Jetzt wo es soweit ist, fühlt es sich aber ganz anders an. Heute habe ich meinen ersten Töpferunterricht gehabt und abends habe ich Noam wieder getroffen. Wir hatten einen super schönen Abend zusammen mit seiner Partnerin. Es gab Linsen und Reis, Hummus und Salat. Seit ein paar Tagen klappt das Hebräisch lernen auch viel besser. Ich habe eine neue Lern-Taktik. Ich nehme Wörter immer auf, höre sie imer wieder an und spreche mit, während ich Unkraut jäte oder Granatäpfel mit Papiertüten umhülle. Ihr wisst schon, was mensch halt so macht. Außerdem beginne ich oder die Familie öfter das Gespräch auf Hebräisch und es findet sich eine Balance. Außerdem habe ich nachgefragt, ob es sie denn störte wenn ich andauernd nach Übersetzungen frage. “Nein, wenn wir Zeit haben ist es kein Problem. Aber wenn wir gerade beschäftigt sind, dann ist es schwierig.” Logisch eigentlich. Aber für mich war es wichtig zu hören. Ich hatte gespürt, dass es manchmal genervt hat. Aber dass das nicht heißt, dass es grundsätzlich stört, war mir irgendwie entgangen in meiner Interpretation. Zum Beispiel beim Frühstücken Raum oder beim gemeinsamen Putzen des Ateliers. Ranon findet es ganz super mir richtig unnötige Dinge wie “Hummus aus der Schale kratzen” beizubringen.

Ich bin froh, dass ich nachgefrat habe, anstatt mich zu verkriechen. Als ich gemerkt habe, ich werde unzufrieden, habe ich erkannt, dass ich dem Rhythmus der anderen folge und meinen eigenen noch nicht gefunden habe. Also habe ich mich dazu entscheiden, die Arbeit nicht an erste Stelle zu setzen, mehr für mich zu tun, den Fluss zu nutzen um mein Gehirn wieder wach zu rütteln und die Musik, um meine Kreativität auszuleben.

Mevin ist mir dabei ein großes Vorbild. Er weiß einfach immer, was er in diesem Moment machen will. Mir ist aufgefallen, wie viel Zeit ich damit verbringe, drüber nachzudenken, was ich als nächstes machen soll, muss… Also ist mein neues Motto, immer ganz genau hinzuspüren, was sich im Moment richtig anfühlt. Ich will dem nachgehen, auch wenn das heißt, dass es keinen Punkt auf der To-Do-Liste erfüllt und einfach nur “Flusswasser genießen und dasitzen” heißt.

Mit dem Blick auf den Abschied, ist mir eines ganz deutlich jetzt. Ich habe hier eine Familie gefunden, die ich immer besuchen kann; bei denen ich mich wohl fühle. Sie haben mich auch zu den Feiertagen eingeladen in zwei Monaten, also dauert es nicht lange bis zu einem Wiedersehen!