Licht aus

Es ist ein 01:01 Uhr Nachts. Ich liege auf einer dieser Matratzen, die ich aus den arabischen Haushälten kenne. Ca. 5 cm dick und für ine Person. Leicht zu transportieren und zu verstauen. Ich höre den Regen auf die Dächer der Nachbarn prasseln. Eigentlich sollte die Regenzeit schon längst vorbei sein. Doch dieses Jahr ist alles anders. Der Winter hält an, die Wüste blüht. Seit ein paar Tagen gibt es einen ganz besonderen Geruch in der Stadt. Ein Frühlingsduft, frisch und warm. Wenn ich mit dem Fahrrad durch die leeren Straßen fahre, bläst mit ein leichter Wind entgegen. Ich werde diesen Ort vermissen. Ganz ganz doll.

Vor ein paar Stunden saß ich noch auf dem Teppich in unserem Wohnzimmer und habe versucht mir einen Sarai in Bajad (arabische Kompositionsform mit ausgewählten Tönen) auf der Geige beizubringen. Da bekommt mein Mitbewohner einen Anruf von unserem Vermieter. Ich soll morgen ausziehen. Als Schemer um Erklärung bittet, wird er so laut angeschrien, dass ich es nicht nur durch das Telefon höre, sondern auch durch die Decke. Notitz an mich selbst: Wohne niemals mit deinem Vermieter in einem Haus.

Ob es die Geige ist, das weiß ich nicht. Doch rigendwas hat seine Frau, Ora (aus dem Hebräischen: Licht), zu einem wütenden Schatten werden lassen. Nach unseren misslückten Versuchen, mit ihr persönlich zu reden und zu verstehen, wann es denn möglich sei um zu üben, bekam ich nur folgende Nachricht.

„Hört auf zu spielen. Es nervt enorm. Es reicht!“

Wir machen einen Spaziergang. Mit hängenden Schultern laufen wir schweigend nebeneinander. „Es ist wie im Film.“, meint Schemer. Er entschuldigt sich bei mir für etwas, das er nicht getan hat. „Mach dir keine Sorgen, wir finden schon was. Eine Freundin zieht nächste Woche um und da ist noch ein freies Zimmer in der neuen Wohnung. Die hat mich eh gefragt, ob ich zu ihr ziehen will. Wir kriegen das schon hin. Ich kann dann im Wohnzimmer schlafen.“

Es dauert nicht lange um meine Sachen zu packen. Ich hab ja nicht viel. Ein paar Klamotten, die Fotos an den Wänden, die gesammelten Steine, meine Notizhefte und die Kameras. Etwas Essen und Kulturbeutel, das war’s. Wir bringen das Zeug zum Auto und setzen uns auf den Boden in dem irgendwie leeren Wohnzimmer, es fehlt der Jahreskalender an der Wand mit den Gartentips und den schlnen Zeichungen. Jede ein Kissen unterm Po, lehnen wir uns an der Couch an, so wie es zu unserem abendlichen Ritual geworden ist. Wir haben in den letzten Tagen eineinhalb Staffelt Sex Education angeschaut und lenken uns damit jetzt ab, während wir auf die Antwort von Amnun warten. Hoffentlich kann ich bei ihm und Tia die nächsten Tage schlafen.

Nach einer halben Folge bekommen wir das o.k. Ich nehm einen Beutel aus dem Gefrierfach, packe meinen Rucksack und schließe die Tür hinter mir. Die Lichterkette, die wir noch vor Kurzem aufgehängt haben, leuchtet noch.